Ein Klimawissenschaftler auf Zeit

Luc Hächler hat unter den Studierenden der Graduate School of Climate Sciences den zweitbesten Abschluss seines Jahrgangs erzielt und wurde mit einem «2021 Oeschger Young Scientist’s Prize» ausgezeichnet. Er sieht seine berufliche Zukunft in der Analyse von Geoinformationen.

 

Luc Hächler ist ein Mann der Karten. «Sie haben ein grosses Potenzial in der Vermittlung von Informationen und in der politischen Entscheidungsfindung», sagt er, «gerade im Klima- und Umweltbereich.» Geodaten sieht er als eine wichtige Unterstützung, um Menschen in Not zu helfen und Herausforderungen wie den fortschreitenden Klimawandel zu bewältigen. Was ihn besonders fasziniert: Geodaten zu analysieren, zu hinterfragen und als Karten darzustellen. Im Moment tut er dies als Zivildienstleistender im Bundesamt für Umwelt BAFU, wo er anhand von GIS-Analysen Landnutzungskarten anfertigt, um so den Gewässerschutz zu unterstützen.

Luc Hächler hat vor kurzem einen Masterabschluss in Klimawissenschaften gemacht, nun möchte das dort erworbene Wissen mit Geoinformationen verbinden, denn da kommt er her. In einem Ingenieurbüro machte er eine Lehre als Geomatiker, einem Beruf, der früher unter der Bezeichnung Vermessungszeichner bekannt war. Dabei ging es um das Erfassen und Verarbeiten von räumlichen Daten, heute hingegen interessiert Luc Hächler mehr deren Analyse. Zum Beispiel in seiner Bachelorarbeit an der Universität Bern, wo er mit Berufsmatura und nach einem Passarellenjahr Geografie und Nachhaltige Entwicklung studierte. Im Rahmen seiner Arbeit verknüpfte er Satellitendaten der Waldbedeckung in Myanmar miteinander und analysierte sie. Titel: « Big Data als Chance für mehrfache Evidenz bei der Entscheidungsfindung».

Bei der Studienwahl zählte die Neugier

Für sein Masterstudium nahm sich Luc Hächler dann gewissermassen eine Auszeit von der Arbeit mit Geoinformationen. Denn was er beim Klima Master suchte, war eine Horizonterweiterung: «Ich wählte dieses Studium aus purem Interesse und weil ich verstehen wollte, wie das Klimasystem funktioniert und mit Mensch und Umwelt interagiert.» Was ihm besonders gefiel, war das breite Fächerangebot und das Verstehen von Themen aus verschiedenen Perspektiven. Die Veranstaltungen in Klimaökonomie oder im Umweltrecht etwa seien für ihn eine «Riesenchallenge» gewesen. «Da kam ich mir vor wie ein Tourist in einem fremden Land.»

Aber Luc Hächler wollte nicht nur Neues kennenlernen, sondern auch erfahren, wie Spitzenforschung funktioniert. Deshalb wählte er für seine Masterarbeit ein Thema unter dem Aspekt «fancy science», wie er sich ausdrückt. Er analysierte mit Hilfe von raffinierten Methoden, wie sich vergangene Klimaschwankungen und Landnutzungsänderungen auf die Produktivität und Durchmischung von Seen auswirkten. Konkret mass er über den spektralen Fingerabdruck die Konzentration von spezifischen Pigmenten in Seesedimenten. Unteranderem bestimmte er die Konzentration von Chlorophyllrückständen, die ein Indikator für die Seenproduktivität sind, da Chlorophyll von Algen für die Photosynthese verwendet wird. Er konnte nachweisen, dass in den vergangenen 18'000 Jahren wärmere Bedingungen jeweils zu einer höheren Produktivität sowie zu einer schlechteren Durchmischung im untersuchten See führte. Es gelangte weniger Sauerstoff in tiefere Schichten, was sich potenziell auf die Lebensbedingungen von Flora und Fauna auswirkte. Zudem fand er einen grossen Einfluss der Landnutzung auf die Vorgänge im See.

Der Schritt in die Arbeitswelt

So spannend dieser Abstecher in die Forschung auch war, verlängern wollte ihn Luc Hächler nicht. Eine Dissertation zu schreiben, reizte ihn nicht. «Früher oder später muss man in die Arbeitswelt eintauchen», meint er. Deshalb hätte er ein PhD-Projekt bloss als Herauszögern dieses Moments empfunden. Und er ist überzeugt in der Praxis mehr bewirken zu können. Wo es ihn beruflich hinzieht, ist im ja schon länger klar: Er sucht momentan nach Jobangeboten, bei denen es um das Analysieren von Geodaten geht, um so faktenbasierte Grundlagen für Entscheide im Umwelt-und Klimabereich zu erarbeiten.

Nichtsdestotrotz ist der Klimawissenschaftler auf Zeit zufrieden mit seiner Masterausbildung. «Ich bin total auf meine Rechnung gekommen», sagt er, «es war mega cool in all diese Fächer reinsehen zu können und all die Facetten des Klimawandels kennenzulernen.» Und zudem habe er im Studium Fähigkeiten erworben, die ihm bestimmt in der Berufspraxis zugutekämen – von statistischen Kompetenzen bis zu Kenntnissen im Schreiben von wissenschaftlichen Texten. Besonders angetan hatte es Luc Hächler allerdings all das inhaltliche Neuland. Er belegte so viele Kurse wie nur möglich – und hat dabei weit mehr ECTS Punkte gesammelt, als für den Abschluss eigentlich nötig gewesen wären.

(Februar 2022)