Die Alchemie der Probenaufbereitung
Mindestens ebenso wichtig, wie das eigentliche Messgerät, wird für die Analyse des ältesten Eises aber, dass sich die darin enthaltene Luft möglichst schonend freisetzen lässt, ohne dass sie in der Extraktionsanlage oder durch chemische Reaktionen aus dem Eis selbst verunreinigt wird. „Die Kunst, die Alchemie, dabei“, sagt Hubertus Fischer mit verschmitztem Lächeln, „steckt in der Extraktion. Das ist unsere Stärke, dafür sind wir weltweit die Spezialisten.“ Die Apparatur, die Fischer und sein Team, zur Extraktion der 1,5 Millionen Jahre alten Luft bauen wollen, funktioniert stark vereinfacht so: Das Eis wird mit Infrarotlicht bestrahlt und dadurch sublimiert, dann wird der Wasserdampf an einer kalten Fläche ausgefroren und zurück bleiben schliesslich nur noch die Bestandteile der atmosphärischen Luft.
In Hubertus Fischers Büro steht eine merkwürdige, aus einer Art Wegweiser zusammengebaute Skulptur. Sie ist einem der „Totems“ nachempfunden, an denen Expeditionsteilnehmer in polaren Forschungsstationen ein Schild anbringen, das die Distanz zu ihrer Heimat angibt. Fischers Büroversion ist 2008 für eine Informationsveranstaltung an der Uni Bern entstanden und zeigt die Standorte all seiner europäischen Eiskern-Partner. Auf einem der Wegweiser steht „Oldest Ice, Antarktis“, in Rot und mit Fragezeichen versehen. „Da sieht man“, meint der Forscher, „wie lange ich schon über dieses Projekt nachdenke.“
Tatsächlich braucht dieses Vorhaben einen ausgesprochen langen Atem. Wenn alles gut läuft, findet die erste Bohrsaison 2019 und 2020 statt. Und bis der unterste Teil des Eiskerns gehoben ist und untersucht werden kann wird es wohl 2022. „Das Gerät, das wir im Rahmen von ‚deepSLice’ bauen, wird in der Laufzeit des Projekts kein ältestes Eis sehen“, sagt Hubertus Fischer, „doch wenn die Bohrung dann beginnt, muss alles fertig und getestet sein, und wir wollen mit der perfekte Analytik bereitstehen.“
(2015)