Begeisterung und Erfolg im Zweitstudium

Costanza Fileccia hat unter den Studierenden der Graduate School of Climate Sciences den zweitbesten Abschluss ihres Jahrgangs erzielt und wurde mit einem «2022 Oeschger Young Scientist’s Prize» ausgezeichnet. Nun forscht sie zu den Auswirkungen des Klimawandels auf landwirtschaftliche Ernten.

Besonderes in Erinnerung geblieben ist Costanza Fileccia von ihrem Masterstudium ausgerechnet ein Feldkurs in Dendroökologie. Zwar ist sie Ökonomin durch und hatte vor ihrem Zweitstudium in Bern bereits einen Bachelor- und Masterabschluss in Wirtschaftswissenschaften in ihrer Heimstadt Rom erworben, doch die Dendro-Woche im Val Müstair, so erzählt sie, war «eine erstaunliche Erfahrung». Sie lernte nicht nur, selbst Proben aus Baumstämmen zu entnehmen, sondern auch wie sich aus den Veränderungen in den Baumringen vergangene Klima- und Umwelteinflüsse ablesen lassen. «Ich arbeite in meiner Forschung selbst mit rekonstruierten Klimadaten», erklärt Costanza Fileccia, «da ist es sehr hilfreich, eine Idee davon zu erhalten, wie diese Daten überhaupt zustande kommen.»

Selbstverständlich besuchte die junge Italienerin an der Graduate School of Climate Sciences auch Kurse in Klimaökonomie – in diesem Bereich wollte sie sich ja vor allem weiterbilden -, doch neue Horizonte öffneten ihr auch Veranstaltungen wie «Klima und Gesellschaft in der Geschichte». Ein Kurs, aus dem sie eine besonders wichtige Erfahrung mitgenommen habe: Gehe kritisch mit deinen Quellen um!

Klimawandel und Ernährungssicherheit
 

Diese Aufforderung nimmt sich Costanza Fileccia gegenwärtig im Umgang mit Daten über die australische Weizenernte seit dem 19. Jahrhundert zu Herzen. Für ihre Dissertation sichtet sie Tausende von Einträgen aus den National Archives in London, wo statistische Daten aus der ehemaligen Kolonie aufbewahrt werden. In ihrer Doktorarbeit am Volkswirtschaftlichen Institut der Universität Bern geht sie den Folgen eines sich wandelnden Klimas für die Landwirtschaft nach. Bereits in ihrer Masterarbeit hatte sich die Ökonomin mit den Folgen des Klimawandels für landwirtschaftliche Erträge befasst, und zwar am Beispiel von Indien. Eine ihrer Erkenntnisse: In Simulationen von Ernten in einem künftigen Klima werden, die negativen Auswirkungen des Wandels überschätzt, denn in den Modellen wird zu wenig berücksichtigt, dass die Auswirkungen des Klimawandels abgeschwächt werden, wenn man die langfristigen Anpassungen der Landwirte berücksichtigt. In ihrer Forschung will die Doktorandin künftig auch den Aspekt der globalen Ernährungssicherheit untersuchen. Was bedeutet es für die Ernährung der Welt, wenn es in grossen Produzentenländern zu Missernten kommt?

Dass sich Costanza Fileccia für das Zusammenspiel von Ökonomie, Klima und Landwirtschaft interessiert, hat auch einen familiären Hintergrund. Ihr Vater arbeitete als Agronom für die Uno Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO in Rom. Die Tochter machte ihre ersten beruflichen Erfahrungen in Bologna. Nach dem Studienabschluss fand sie eine Stelle bei einem kleinen Beratungsunternehmen, das sich auf Wirtschaftsanalysen und politische Bewertungen im Auftrag internationaler Organisationen spezialisiert hat. Dort arbeitete sie beinahe vier Jahre.

Zuhause in der akademischen Welt

«Als ich mich nach diesem Einstieg in die Arbeitswelt für den Klimamaster bewarb, hatte ich fast etwas Respekt davor, wieder die Studienbank zu drücken», erzählt sie. Doch wie ihr hervorragender Abschluss zeigt, erwies sich diese Sorge als unbegründet. Costanza Fileccia fiel das Studium an Graduate School of Climate Sciences nicht schwer – einzig den Kurs in Atmosphärenphysik liess sie entgegen ihrer ursprünglichen Absicht fallen. «Das war dann doch etwas weit von meinem Hintergrund entfernt.» Begeistert hat sie an ihrem Zweitstudium nicht zuletzt die Stimmung. An ihrer Universität in Rom habe es viel weniger Austausch unter den Studierenden gegeben. Im Klimamaster hingegen habe sie erfahren, dass man im Studium auch in Teams arbeiten könne. «Ich hatte ganz vergessen, wie gut mir die Atmosphäre an einer Universität gefällt», erzählt die Ökonomin lachend. Deshalb habe sie sich auch entschieden ein Doktorat zu schreiben, und auch eine akademische Karriere könnte sie sich gut vorstellen.

Costanza Fileccia hat ihr Masterstudium mit einem Notendurchschnitt von 5,9 abgeschlossen – einen Hauch bloss von der Maximalnote entfernt. War sie schon immer so ehrgeizig? «Ich will nicht die Beste sein», wehrt die Preisträgerin ab, «doch was ich anpacke, mache ich so gut wie möglich. Gut genug reicht mir nicht.»

 

(Januar 2023)