Eine Klimawissenschafterin mit weitem Horizont

Carole Bouverat hat unter den Studierenden der Graduate School of Climate Sciences den besten Abschluss ihres Jahrgangs erzielt und wurde für ihre Leistung mit einem «2024 Oeschger Young Scientist’s Prize» ausgezeichnet. Heute arbeitet sie für ein weltweit tätiges Beratungsunternehmen.

Wenn Carole Bouverat über ihr Masterstudium spricht, fällt häufig das Wort Inspiration. Die unterschiedliche Herkunft und die breitgefächerten Interessen ihrer Studienkolleginnen und -kollegen etwa fand sie «sehr inspirierend». Viel Anregung boten auch die Professorinnen und Professoren. Ana Maria Vicedo Cabrera beispielsweise, bei der sie eine Vorlesung über Klimawandel und Gesundheit besuchte, nennt sie «eine sehr inspirierende Forscherin». Derart fasziniert von deren Forschungsgebiet war Carole Bouverat, dass sie ihre Masterarbeit bei der Umweltepidemiologin Ana Bonell schreiben wollte. Was ihr schliesslich auch gelang. Thema: Klimawandel und maternale Gesundheit in Gambia.

Eine erstaunliche Spezialisierung für eine Masterstudentin, die ihren Bachelor in internationalen Beziehungen mit Schwerpunkt Ökonomie gemacht hatte. Doch Carole Bouverat schätzt «Überlappungen», wie sie sich ausdrückt. Für den Klimamaster hat sie sich nicht zuletzt der «Überlappung zwischen globaler Politik und Klimawandel» wegen entschieden. Und bei der Themensuche für ihre Masterarbeit packten sie die «spannenden Schnittstellen von Medizin und Klimawandel».

Aus der Komfortzone ausbrechen

Herausforderungen hat die Preisträgerin des «2024 Oeschger Young Scientist’s Prize» in ihrem Leben immer wieder gesucht. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit, so scheint es, packte sie die Chance für einen Auslandaufenthalt: Im Kanton Freiburg in einem kleinen Dorf aufgewachsen, verbrachte sie während ihrer Gymnasialzeit ein Jahr als Austauschschülerin in Australien. Während des Bachelorstudiums an der Universität Genf zog es sie ein Gastsemester lang nach Spanien, und einen Teil ihres Masterstudiums absolvierte sie in Kopenhagen. «Mir gefällt es, aus meiner Komfortzone auszubrechen und neue Kulturen kennenzulernen», erklärt sie ihr Fernweh.

Nach Abschluss ihres Masters hat sich Carole Bouverat eine Auszeit genommen. «Nach all den Jahren, in denen ich im Studium Vollgas gegeben habe, brauchte ich auch mal wieder eine Phase, in der ich Energie tanke», sagt sie. Einfach auf der faulen Haut gelegen – wen erstaunt es –, ist sie in dieser Zeit allerdings nicht. Sie reiste unter anderem nach Tasmanien, fuhr mit dem Velo von Bern nach San Sebastian und arbeitete als Skilehrerin in Saas Fee. Es gab allerdings auch ruhigere Zeiten in diesem Zwischenjahr, in denen die preisgekrönte Studentin zum Beispiel einen Wildblumen-Garten anlegte und Kleider nähte.

Schwangere leiden unter Hitzestress

Carole Bouverat hat ihre Masterarbeit über eine besonders vulnerable Bevölkerungsgruppe in Gambia geschrieben. Für die Modellierung der Auswirkungen von Hitzestress auf schwangere Subsistenzbäuerinnen konnte sie auf Daten zurückgreifen, die ein Team der London School of Hygiene and Tropical Medicine vor Ort erhoben hatte. In ihrer Arbeit konnte die junge Klimawissenschafterin aufzeigen, dass grosse Hitze für Schwangere insbesondere in Kombination mit hoher Luftfeuchtigkeit zu einer erheblichen gesundheitlichen Belastung führt. Die Studie, die in der Fachzeitschrift «Nature Scientific Reports» publiziert wurde, empfiehlt denn auch, ein lokales System zur Warnung vor gesundheitsschädigender Hitze aufzubauen.

Sich mit den Folgen des Klimawandels in einem afrikanischen Land auseinanderzusetzen, sieht Carole Bouverat als prägende Erfahrung. «Als Land mit hohen Treibhausgasemissionen», so ist sie heute überzeugt, «haben wir eine Verantwortung, Menschen in besonders stark vom Klimawandel betroffenen Regionen zu schützen.» Und den «Young Scientist’s Prize» sieht sie auch als Anerkennung für das Forschungsteam in Gambia, das in einem nächsten Schritt konkrete Anpassungsmassnahmen für vulnerable Bevölkerungsgruppen entwickeln will.

Nun ist Carole Bouverat ins Berufsleben eingetaucht. Seit kurzem arbeitet sie in Zürich als Beraterin für Klima- und Energiefragen bei EBP. Das grosse Schweizer Beratungs- und Ingenieurunternehmen ist global tätig und hat unter anderem Niederlassungen in Brasilien, Chile, China, Indien und den USA. Wer weiss, vielleicht bietet sich der ausgezeichneten Klimawissenschafterin auch künftig eine Gelegenheit, in der Fremde ihren Horizont zu erweitern.

(Februar 2025)