Folgen von Hitze nehmen trotz ergriffener Massnahmen zu
Das Fazit der Untersuchung: Die Todesfälle, die mit Hitze in Verbindung gebracht werden konnten, haben stark zugenommen. In den 1970er Jahren waren es 78 Tote pro Jahr, in der Dekade 2000-2010 über 300. Am stärksten von dieser Übersterblichkeit betroffen waren die Kantone Genf, Zürich und Basel sowie das Tessin. Rund zwei Drittel der durch Hitze verursachten zusätzlichen Todesfälle betrafen über 80-Jährige. «Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die nach der Hitzewelle von 2003 ergriffenen Massnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit wirksam waren, denn die Zahl der hitzebedingten Todesfälle ist in den Jahren 2000 bis 2009 zurückgegangen, trotz der extrem warmen Sommer, die wir seitdem erlebt haben», sagt Dr. Ana Vicedo Cabrera vom OCCR, Letztautorin der Studie. «Dennoch ist die hitzebedingte Gesundheitsbelastung nach wie vor beträchtlich – und was noch wichtiger ist: Es wird erwartet, dass sie sich in den kommenden Jahrzehnten aufgrund des Klimawandels noch verstärken wird. Es muss also mehr für nachhaltige Massnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit getan werden, um die Bevölkerung vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen», ergänzt sie.
Überalterung verstärkt die mit Kälte verbundene Sterblichkeit
Doch den Menschen in der Schweiz macht nicht nur die Hitze zu schaffen, sondern auch die Kälte – gar in weit grösserem Ausmass. In den vergangenen 50 Jahren sind in der Schweiz über 5‘200 Menschen pro Jahr an den Folgen von tiefen Temperaturen gestorben. Doch an was genau? «Im Unterschied zu Hitzewellen, bei denen es klar ersichtliche Folgen für die Gesundheit gibt, liegen die Dinge bei Kälte weit komplexer», sagt Evan de Schrijver. Zu den Einflussfaktoren gehören die Zunahme von Infektionskrankheiten im Winter, aber auch die Wohnqualität und der Zugang zur Gesundheitsversorgung. Die mit Kälte in Zusammenhang gebrachten Todesfälle haben im untersuchten Zeitraum jedoch deutlich abgenommen – wohl wegen besserer Gesundheitsversorgung, höherem sozioökonomischem Status und damit gestiegener Wohnqualität und Heizung. Doch obwohl diese Faktoren verbessert wurden und somit zu weniger Toten im Zusammenhang mit Kälte geführt haben, wird dieser Effekt durch die Überalterung wieder aufgehoben. «Die Überalterung verstärkt bei Hitze die Wirkung des Klimawandels, während sie bei Kälte die verbesserten Bedingungen und potenzielle Anpassung an die tiefen Temperaturen wieder zunichtemacht», erklärt de Schrijver. «Eine Hauptaussage unserer Studie ist daher: Die mit Kälte verbundene Sterblichkeit wird in den kommenden Jahrzehnten trotz steigender Temperaturen weiter vorherrschen – wegen der fortschreitenden Überalterung der Bevölkerung», so de Schrijver weiter.
Ältere Menschen vor den Folgen des Klimawandels schützen
Die neuen Forschungsergebnisse sind relevant für die Anpassung der Schweiz an den Klimawandel. «Der Schutz älterer Menschen könnte von entscheidender Bedeutung sein», sagt Evan de Schrijver, «um die gesundheitlichen Folgen einer Klimaerwärmung zu mindern und die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung zu stärken.» Denn wenn wir zunehmend älter werden, wirken sich auch die steigenden Temperaturen immer stärker auf unsere Gesundheit aus. Die Zahl der Menschen, die ihres Alters wegen potenziell von den Risiken einer Hitzewelle betroffen sind, so die Studie, wird sich bis 2060 gemäss anderen Studien verdoppeln. Die Kombination aus Klimaerwärmung und Bevölkerungsalterung wird die Auswirkungen der Hitze tendenziell verschärfen. «Wenn wir also künftige Generationen vor der Bedrohung des Klimawandels schützen wollen, sollten wir auf nationaler und lokaler Ebene ehrgeizigere Anpassungsstrategien entwickeln, wie zum Beispiel mehr Grünflächen in Städten, um die Hitze zu reduzieren», ist Schrijver überzeugt.