Birkenteer gibt Alter von Bronzezeitfund preis

18.  November 2019

Das Labor für 14C-Altersbestimmungen LARA am OCCR ist führend bei der Analyse besonders kleiner Materialproben. Dieses Know-how war auch bei der Datierung der «Bronzehand von Prêles» gefragt, einem Fund, der international für Schlagzeilen sorgt.

© Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Philippe Joner

Die Entdeckung war eine archäologische Sensation. Anfang Oktober 2017 stiessen im Berner Jura zwei Privatpersonen auf eine aus Bronze gegossene Hand mit einem goldenen Armband. Die «Bronzehand von Prêles» ist rund 3500 Jahre alt und damit die weitaus älteste bekannte Bronzeplastik in der Form eines menschlichen Körperteils.

Datiert wurde dieser aussergewöhnliche Fund am OCCR, genauer am Labor zur Analyse von Radiokohlenstoff mit AMS (LARA), des Departements für Chemie und Biochemie der Universität Bern. Das Labor verfügt über eine hochspezialisierte Technologie, die es ermöglicht, 14C-Altersbestimmungen anhand kleinster Materialproben vorzunehmen. Wenn zum Beispiel OCCR-Forschende Altersangaben von einzelnen Schichten von Seesedimenten benötigen, die sie als Klima- und Umweltarchive nutzen, müssen Proben von einigen Milligramm für die Datierung reichen – oder manchmal sogar noch weniger.

© Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Philippe Joner

14C-Altersbestimmungen lassen sich allerdings nicht an Metallen, sondern nur an organischem Material vornehmen. Deshalb wurde beim Fund von Prêles nicht die Hand selbst datiert, sondern ein Klebstoff, mit dem Handwerker vor 3500 Jahren ein Goldblech auf die Bronze befestigten. «Für die Analyse standen uns fünf Milligramm pflanzliches Material zur Verfügung. Es handelte sich vermutlich um Birkenteer, einem in der Bronzezeit häufig eingesetzten Klebstoff», erklärt Sönke Szidat, der Leiter des 14C-Labors LARA, «für uns sind solch winzige Materialmengen Alltag, doch für eine archäologische Datierung ist das aussergewöhnlich.» Das Ergebnis der Analyse: Die Bronzehand wurde zwischen 1507 und 1431 v. Chr. hergestellt.

Wozu die annähernd lebensgrosse Hand diente und welche Bedeutung sie hatte, ist noch weitgehend unklar. Vor kurzem fand deshalb an der Universität Bern ein internationales Kolloquium statt, bei dem diskutiert wurde, wie sich Licht ins Dunkel bringen liesse, das den Fund aus dem Berner Jura umgibt. Klar scheint, dass das Goldarmband den besonderen Status der Person unterstrich, der diese Bronzehand mit ins Grab gelegt wurde.

© Annette Boutelier

Neue Methode zur Datierung von Knochenmaterial

Dass es sich bei der Hand um eine Grabbeilage handelt, zeigte sich, als der Archäologische Dienst des Kantons Bern 2018 in Prêles eine Nachgrabung durchführte und auf ein Grab stiess, das neben einem abgebrochenen Finger der Bronzehand auch die Knochen eines erwachsenen Mannes enthielt. Bereits zuvor waren zusammen mit der Hand ein bronzener Dolch und eine menschliche Rippe gefunden worden.

© Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Philippe Joner

Auch diese Knochenfunde hat das Berner 14C-Labor datiert – methodisch und technisch gesehen eine grosse Herausforderung. «Wir müssen bei Proben generell alle Materialien entfernen, die das Alter verfälschen könnten», erklärt Sönke Szidat, «bei Knochen kommt erschwerend hinzu, dass durch den langen Kontakt mit dem Boden Verunreinigungen eingedrungen sind.» Diese aus dem Humus freigesetzten Huminstoffe finden sich auch am Kollagen, dem Knochenbestandteil, der isoliert und schliesslich analysiert wird.

Bei einer ersten Datierung stimmte das Alter des Knochenmaterials nur grob mit jenem der Bronzehand überein. Inzwischen aber wurde am LARA eine Methode verfeinert, die bei der Aufbereitung der Knochenproben mit sogenannter Ultrafiltration arbeitet. Damit lassen sich auch kleine verunreinigende Moleküle entfernen. «Wir sind nun in der Lage», so Sönke Szidat, «viel zuverlässigere Daten auch für schlecht erhaltene Proben zu generieren.» Und deshalb ist seit kurzem sicher: Das Alter des in Prêles bestatteten bronzezeitlichen Würdenträgers und jenes seiner aufsehenerregenden Grabbeigabe sind exakt dasselbe.