„Wasser unser“ wagt den Blick in die Zukunft und verbindet Forschung mit Fiktion. Ausgehend vom wissenschaftlichen Stand von heute, entwickeln vier zeitgenössische Autorinnen sechs Entwürfe für unsere Wasserzukunft. Gemeinsames Prinzip: Menschen aus dem Jahr 2051 erzählen aus ihrem Alltag. Darin spielen u.a. ein Kontrollchip für den persönlichen Wasserverbrauch oder ein Mega-Skigebiet im Hochgebirge eine Rolle. Im Spiel mit Möglichkeiten fragt „Wasser unser“ nach unserer Beziehung zum Wasser in der Gegenwart.
Kaum Transfer von der Wissens- auf die Handlungsebene
„Wir leben in einem Paradies“, sagt OCCR-Forscher Rolf Weingartner in einem der Videostatements in der Ausstellung, „uns stehen theoretisch pro Jahr rund 5 Mio. Liter Wasser zur Verfügung. Davon verbrauchen wir aktuell nur 2%, also rund 100‘000 Liter pro Person und Jahr. Wo also liegt das Problem?“ Doch natürlich haben wir ein Problem – Rolf Weingartners Aussage ist Provokation – oder vielmehr: Wir werden eines haben. So wird etwa das rasante Schwinden der Gletscher unter Experten als «Umkippen eines Dominosteins im Wassersystem» gewertet. „Der menschliche Einfluss auf das Klima ist klar. Punkt. Was heute ein extremes Ereignis ist, das alle fünfzig oder hundert Jahre eintritt, wird in Zukunft um das Jahr 2050 herum vielleicht alle drei bis fünf Jahre auftrete“, sagt OCCR-Direktor Martin Grosjean in seinem Ausstellungsbeitrag.
Zunehmende Wetter-Extremereignisse sind nur ein Bereich, in dem die Wissenschaft für die Schweiz Auswirkungen des Klimawandels lokalisiert. Hinzu kommen u. a. die Trinkwasserversorgung, Berge ohne Eis und Schnee sowie daraus resultierende Nutzungskonflikte, einschneidende Änderungen im Wintertourismus, schliesslich aber auch die Folgen internationaler Konflikte und Debatten um das Recht auf Wasser. Die wissenschaftlichen Fakten zu den bevorstehenden Veränderungen werden nicht mehr angezweifelt. Und dennoch: „Eigentlich geschieht wenig bis nichts“, erklärt Rolf Weingartner. Der Transfer von der Wissens- auf die Handlungsebene findet kaum statt.
Wissenschaft und literarische Fiktion
Hier setzt die Ausstellung «Wasser unser» an: Begehbare „Zukünfte“ vertiefen jeweils in Text und Bild sechs Bereiche, die vom Klimawandel betroffen sein werden. Die per Video eingespielten Expertenaussagen legen einen Fokus auf die Handlungsoptionen: Dazu gehören kluge raumplanerische Entscheide zum Schutz der Grundwasserversorgung ebenso wie die Frage an jeden und jede von uns, ob der Flug in die Ferien tat- sächlich nötig ist.
Aus den wissenschaftlichen Fakten abgeleitet wird jeweils eine Behauptung für das Jahr 2051: Der Chip, der unseren Wasserverbrauch misst, oder: “Der Wintersport wird sich auf ein einziges Mega-Skigebiet im Hochgebirge reduzieren – nur dort fällt noch natürlicher Schnee”. Über Kopfhörer können Besucherinnen und Besucher in die behaupteten Welten eintauchen und ein Stück Alltag aus der Perspektive ihrer fiktiven Bewohner erleben. “Literatur erzählt nicht davon, wie die Welt ist, sondern wie Menschen die Welt vorkommt, was sie ihnen bedeutet”, so Ruth Schweikert, die die Ausstellung konzeptionell und literarisch mitgestaltet hat. Im besten Fall lasse sich so ein Nach-Empfinden ermöglichen von Zuständen, Gedanken und Erfahrungen, die ausserhalb des eigenen Lebensbereichs liegen. “Es sind die Stimmen erfundener, exemplarischer Figuren, die den Besucherinnen und Besuchern im Zusammenspiel mit den sinnlich erfahrbaren Bild- und Raumwelten unser aller Wasser-Zu- kunft so nahe bringen sollen, dass sie Lust, Energie und Ideen haben, diese aktiv mitzugestalten.”
(Quelle: Medientext Alpines Museum)