Historische Klimaaufzeichnungen helfen künftige Naturgefahren beurteilen

Die Online-Datenbank «Euro-Climhist» unterstützt Forschung und Öffentichkeit bei der Analyse von Naturgefahren. Die einzigartige Datenbank wurde soeben in einer ausgebauten Version lanciert. Sie umfasst derzeit über 155’000 historische Daten zu Wetter, Klima und Naturgefahren für die Schweiz seit 1500.

Wie häufig kommt es in der Schweiz zu Hochwassern wie im August 2005, als Überschwemmungen und Erdrutsche Schäden von rund 3 Milliarden Franken verursachten? Informationen zu Häufigkeit und Umfang von Naturkatastrophen sind von grossem praktischem Wert. Nicht nur für die Planung von Schutzmassnahmen gegen reissende Bergbäche, sondern auch zur Beurteilung der Sicherheit von Atomkraftwerken.

Um die Häufigkeit von extremen Naturereignissen abzuschätzen, braucht es einen Blick in die Vergangenheit. Erst beim Vergleich über mehrere Jahrhunderte zeigt sich, wie wahrscheinlich grosse Überschwemmungen, Schlammlawinen oder Dürreperioden sind und ob sich ihr Auftreten im Laufe der Zeit verändert. Neben Risikospezialisten und Klimaforschern sind zum Beispiel auch Versicherungen auf solche Informationen angewiesen. Sie berechnen ihre Prämien anhand von sogenannten Jahrhundertereignissen und sind deshalb an möglichst langen Vergleichsperioden interessiert.

Doch Daten, die weiter als in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichen, waren bis anhin selbst für Spezialisten kaum verfügbar. Denn erst mit dem Aufkommen von Messinstrumenten wurden Wetterdaten systematisch aufgezeichnet. Deshalb sind historische Dokumentendaten für Forschung und Praxis von grossem Wert. Sie stammen aus Quellen wie Chroniken, persönlichen Wettertagebüchern, aber auch aus den Buchhaltungen von frühen öffentlichen Einrichtungen wie Spitälern und reichen bis ins Mittelalter zurück.

Mit der Neulancierung der «Euro-Climhist»-Datenbank, die in langjähriger Arbeit von der Gruppe für Klima- und Umweltgeschichte des Oeschger-Zentrums aufgebaut wurde, werden solche historischen Daten nun in grossem Stil öffentlich zugänglich gemacht. Fachleute und interessierte Laien erhalten auf www.euroclimhist.unibe.ch kostenlos Einblick in breitgefächertes Datenmaterial, das in einer ersten Ausbauphase Informationen aus der Schweiz von 1500 bis zur offiziellen Einführung der Instrumentenmessung 1864 umfasst. Ein weiteres Modul zu Witterungs- und Klimadaten für ganz Europa aus dem Mittelalter (1000-1500) ist derzeit in Vorbereitung.

Die «Euro-Climhist» wird durch das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie Meteo­Schweiz im Rahmen von GCOS Schweiz mitfinanziert.