Das internationales Team von Geowissenschaftlern, das zur Zeit auf der indonesischen Insel Sulawesi nach Seesedimenten bohrt, zählt 40 Mitglieder. Während zweier Monate sind sie rund um die Uhr mit Bohren beschäftigt. Gebohrt wird von einem grossen Floss aus, das in bis zu 200 Meter tiefem Wasser treibt. Logistisch unterstütz werden die Forscher von PT Vale Indonesia, einer lokalen Minengesellschaft. Die Bohrkerne werden in drei Meter lagen Stücken gehoben, direkt auf dem Floss aufbereitet und dann zur Analyse in auf der ganzen Welt verstreute Labors versandt.
Der Lake Towuti ist der grösste in einer ganzen Kette von sehr alten tektonischen Seen, welche die Landschaft von Sulawesi überziehen. „ Vor 20 Jahren wurden diese Seen als Standorte mit hoher Priorität für ein wissenschaftliches Bohrprogramm identifiziert“, erklärt der Geologe James Russel von der Brown University, einer der Leiter des Lake Towuti Drilling Project. „Sie sind gross, wir wissen, dass sie sehr alt sind, sie weisen eine einmalige chemische Zusammensetzung auf, und sie liegen in einer klimatisch wichtigen Region der Welt.“
Wasserdampf spielt Schlüsselrolle bei der Regulation der globalen Temperatur
Der indonesische Archipel liegt in einem warmen Ozeanbecken, das bestimmend ist für die El Niño-Oszillationen im Pazifik, welche die Temperatur- und Niederschlagsmuster in Nord- und Südamerika aber auch anderswo verändern können. Das warme Becken liefert zudem einen erheblichen Anteil des Wasserdampfs in der Erdatmosphäre. Wasserdampf ist das vorherrschende Treibhausgas des Planeten, weshalb den indonesischen Gewässern eine Schlüsselrolle bei der Regulation der globalen Temperatur zukommt.
„Uns interessiert, wie sich der Kreislauf der grössten Wasserdampfquelle der Erde während den Phasen eines globalen Klimawandels in der Vergangenheit verändert hat. Es gilt diesen bedeutenden Rückkoppelungsmechanismus zu berücksichtigen, wenn man sich Gedanken über Klimaveränderungen der Vergangenheit macht, aber auch über Prognosen für die Zukunft“, erklärt James Russel. Und Geologe Hendrik Vogel, ergänzt: „Wir wollen zudem wissen, wie diese hydrologischen Veränderungen die Landschaft und die Böden rund um dem Lake Towuti verändert haben. Das bessere Verständnis dieser Prozesse und ihrer Geschwindigkeit ist zentral für künftige Klimaprojektionen in dieser dicht besiedelten Region unseres Planeten.“
Die Signaturen des Wasserkreislaufs und seiner Auswirkungen auf die Veränderung der Landschaft sind im Sediment des Lake Towuti eingelagert und lassen sich in den gebohrten Kernen nachweisen. Die Forscher untersuchen, wie sich die Konzentrationen verschiedener chemischer Marker in den Sedimenten je nach Tiefe verändern und können so nachzeichnen, wie gross der Oberflächenabfluss war und wie viel Bodensubtrat in den See gelangt ist. Die Abflussrate ist direkt mit der Rate des Niederschlags verknüpft.
Vorhersagen von Klimamodellen überprüfen
Eine vorangegangene, in 2010 beendete Bohrkampagne hat aufgezeigt, dass sich die Veränderungen im Wasserkreislauf tatsächlich nachweisen lassen. Bei dieser Bohrung stiessen Russel, Vogel und ihre Teams rund 20 Meter tief in die Sedimentschicht vor und konnten Zeugen der Niederschläge der vergangenen 60'000 Jahren gewinnen. Deren Analyse zeigte, dass es in Indonesien sehr trocken war, als grosse Teile der nördlichen Hemisphäre während der letzten Eiszeit mit Gletschern bedeckt waren. Die Regenfälle in der Region, so fanden die Forscher heraus, liessen bis zu 50 Prozent nach.
„Wir haben die Dürre für eine Eiszeit dokumentiert, doch in der letzten Million Jahre gab es Dutzende davon“, sagt Hendrik Vogel. „ Deshalb möchten wir nun herausfinden, ob sich diese Resultate replizieren lassen. Wird es in Indonesien regelmässig feuchter oder trockener, wenn sich die Erde erwärmt oder abkühlt?“
Die laufende Projektphase könnte Antworten auf solche Fragen liefern. Denn dieses Mal wird das Towuti Drilling Project nicht auf einer Tiefe von 20 Metern Halt machen, sondern das Sediment bis auf den Felsgrund durchstossen. In der 200 Meter starken Schicht liegen möglicherweise Klimainformationen über eine Million Jahre oder mehr verborgen. Die gewonnen Daten über den indonesischen Wasserhaushalt könnten dazu verwendet werden, die Vorhersagen von Klimamodellen zu überprüfen und so zu einer besseren Vorhersage des künftigen Klimawandels beitragen.
Die Forscher publizieren während der Dauer der Bohrkampagne laufend Berichte über den Stand der Arbeiten auf der Facebook Seite des Projekts: www.facebook.com/towutidrilling.
(Quelle: Kevin Stacey, Brown University)